ZUGFeRD in der Anwendung in Wirtschaft und Verwaltung

„Wir stehen vor einem entscheidenden Paradigmenwechsel.“ Das stelle Stefan Engel-Flechsig zu Beginn seines Vortrags „ZUGFeRD in der Anwendung in Wirtschaft und Verwaltung“ auf der Basware Connect 2016 fest. Was der Leiter des Forums elektronische Rechnung Deutschland (FeRD) damit meint, können Sie in seinem Gastbeitrag in unserem Bog lesen.

Zum ersten Mal wurde die „elektronische Rechnung“ im Umsatzsteuerrecht definiert. Das war 2001, als sich eine EU-Richtlinie damit auseinandersetzte, was eine E-Rechnung ist. In der Folge kreiste die Beschäftigung mit der E-Rechnung auch hauptsächlich um steuerrechtliche Aspekte. Laut dieser ersten Definition ist bereits ein per E-Mail versendetes PDF eine elektronische Rechnung. Damit kann man jedoch nur Porto und Papierkosten sparen, denn ohne Zwischenschritt lässt sich eine solche Rechnung nicht elektronisch weiterverarbeiten.

Die „echte“ elektronische Rechnung beinhaltet strukturierte Daten. Daten, die elektronisch erzeugt, versendet, empfangen und verarbeitet werden. Diese „echte“ E-Rechnung kommt im Grunde genommen erst seit Kurzem so richtig in Fahrt. Das hat nicht zuletzt damit etwas zu tun, dass Unternehmen ihre digitale Transformation vorantreiben und die E-Rechnung ein Teil davon ist. Aber auch Hybridformate wie ZUGFeRD spielen dabei eine wichtige Rolle. Denn gerade für kleine und mittlere Unternehmen mit geringem Rechnungsvolumen lohnt sich der Aufwand nicht, den man betreiben muss, um strukturierte Rechnungsdaten zu erzeugen und über Schnittstellen an die Rechnungsempfänger zu übermitteln. Hybridformate haben sich hier als einfache Alternative etabliert, um ohne weiteres von den Vorteilen der E-Rechnung zu profitieren.

Hybridformate bestehen aus einem Rechnungsbild, also einem lesbaren PDF, und einem strukturierten Datensatz, einer automatisch verarbeitbaren XML-Datei. Anfangs definierte jeder Anbieter sein XML anders, so dass letztendlich nur Insellösungen bestanden. Deswegen setzte sich das FeRD zum Ziel ein Hybridformat zu entwickeln, das einen Standard in Deutschland etabliert, der international kompatibel ist: „ZUGFeRD“. Rechnungen im ZUGFeRD-Format bieten alle Vorteile von E-Rechnungen – und noch ein paar mehr.

E-Rechnung kurz und knapp

Das Umsatzsteuerrecht erkennt elektronische Rechnungen ohne Wenn und Aber an. Seit dem Steuervereinfachungsgesetz von 2011 gibt es keine zusätzlichen technischen Anforderungen an E-Rechnung wie die digitale Signatur o.ä., sie ist der Papierrechnung gleichgestellt. Auf der Rechnung müssen 11 Elemente vorhanden sein, die in einer EU-Richtlinie von 2001 festgelegt wurden. Wo sich diese Elemente befinden und in welcher Form, spielt keine Rolle. Die internen Kontrollverfahren, die von der Finanzverwaltung gefordert werden, um die Integrität und Authentizität einer Rechnung zu prüfen, sind in Form der Rechnungseingangsprüfung in der Regel schon in den Unternehmen vorhanden. Und auch die Aufbewahrung gestaltet sich nicht ganz so kompliziert, wie es manchmal scheint. Prinzipiell gilt: Rechnungen werden in der Form aufbewahrt, in der sie im Unternehmen empfangen worden sind.
All das gilt für pdf per E-Mail genauso wie für Rechnungen mit strukturierten Daten. Das Einsparpotenzial, das E-Rechnungen bergen, kann jedoch nur mit strukturierten Daten wirklich genutzt werden. Denn erst dann ist eine automatisierte Bearbeitung von Rechnungen möglich – die Voraussetzung für kürzere Durchlaufzeiten, Senkung der Fehlerquote, höhere Transparenz, weniger Zahlungsverzögerung, deutliche Kostenersparnis und mehr Effizienz.

ZUGFeRD – einfach und effizient

Mit dem ZUGFeRD-Format sollte also eine einfache Möglichkeit geschaffen werden, „echte“ E-Rechnungen auszutauschen und zu verarbeiten, die auch kleine und mittlere Unternehmen nicht außen vor lässt.

Folgende Grundsätze wurden zu Beginn des Entwicklungsprozesses definiert:

  • ZUGFeRD soll ein internationales Format sein und daher auf einem internationalen Datenmodell basieren (UN/CEFACT)

  • ZUGFeRD definiert ein einheitliches Datenmodell

  • Empfang und Versand sollen so einfach sein wie bei Papierrechnungen

  • Der Austausch muss ohne vorherige Absprachen möglich sein

  • Die Nutzung der strukturierten Daten durch Empfänger ist optional

  • Das Format soll verschiedene Bedürfnisse erfüllen können und für alle Rechnungen/Branchen geeignet sein. Daher wurden mehrere Profile in ZUGFeRD entwickelt.

Herausgekommen ist die Kombination aus einem PDF/A-3 und einem XML. Das PDF/A-3 ist das Belegbild, also vom Menschen lesbar. Es ist geeignet für die Langzeitarchivierung und lässt sich einfach in bestehende Prozesse der Rechnungserstellung integrieren. Das XML enthält die strukturierten Rechnungsdaten, lässt sich also automatisiert verarbeiten und wird von allen gängigen ERP-Systemen unterstützt.

ZUGFeRD hat ganz klar die KMUs im Fokus, lässt sich aber genauso von größeren Unternehmen und der Verwaltung nutzen. Es ist auf Deutsch und Englisch verfügbar und steht kostenlos zum Download zur Verfügung. Seit Veröffentlichung des Formats im Juni 2014 konnten schon 10.000 Downloads verzeichnet werden und das Interesse lässt nicht nach. Inzwischen hat die gängigste Buchhaltungssoftware, wie SAGE, DATEV oder Lexware, ein ZUGFeRD-Modul integriert.

ZUGFeRD in der Anwendung

Nach Erarbeitung und Prüfung, Pilotprojekten und erneuten Test befindet sich ZUGFeRD nun in Phase 3, d.h. es erfolgt die Integration in Unternehmen und Verwaltung. Erstanwender in der Wirtschaft war allen voran der Süßwarenhersteller Storck, der 2014 für seine 60 Landeseinheiten ZUGFeRD als einheitliches Rechnungsformat einführte. Inzwischen haben mehr als 50% seiner Lieferanten auf ZUGFeRD umgestellt. Auf der Ausgangsseite gehört GS1 zu den Erstanwendern. Das Unternehmen verdient sein Geld mit Lizenzen für Produkt- und Warenkennzeichnung, der Kundenstamm ist groß: Im Jahr werden hier 60.000 Ausgangsrechnungen im ZUGFeRD-Format verschickt. In der Verwaltung empfängt das Bundesverwaltungsamt seit 2015 ZUGFeRD-Rechnungen, bald soll dies auch für die Ausgangsrechnungen genutzt werden. Auch das Technische Hilfswerk und die Bundeszentrale für politische Bildung waren schon frühzeitig Anwender.

Viele weitere Unternehmen und Organisationen haben ZUGFeRD in vorhandene Lösungen integriert, darunter Claas, Siemens, E.ON, SEW Eurodrive, aber auch Dataport oder die Unikliniken Dresden und Kiel.

Europäische Aspekte – Standard in Sicht

Frankreich und Deutschland haben bereits jeweils ein gemeinsames Format für E-Rechnungen, das in seiner Syntax ZUGFeRD entspricht. Einziger Unterschied zwischen den beiden Ländern besteht noch von rechtlicher Seite, denn sowohl das PDF als auch das XML gelten in Deutschland eigenständig als Rechnung, in Frankreich nur beide Teile des Hybridformats zusammen. Ab Mitte 2017 werden Deutschland und Frankreich ein gemeinsames Format vorstellen.

Ab Mitte 2018 wird ZUGFeRD 1.0 an das bis dahin veröffentlichte EU-Format angepasst und dann als ZUGFeRD 2.0 released. ZUGFeRD wird mit dem EU-Format übereinstimmen, so viel ist sicher. Denn beide basieren auf dem UNCEFACT Datenmodell und auch das UNCEFACT XML wird das gleiche sein. Zu verdanken ist dies dem Umstand, dass das FeRD Experten aus der ZUGFeRD-Entwicklung in die Diskussionen um das EU-Format schicken und so dort die gleichen Prinzipien und Ideen mit einbringen konnte. ZUGFeRD wird folglich auch in Zukunft weiter eingesetzt werden können. Also legen Sie los und warten Sie nicht auf das EU-Format!

Alle relevanten Fakten zum Rechnungsaustausch mit ZUGFeRD können Sie hier als Datenblatt herunterladen.

Rechtsanwalt Leiter des Forums elektronische Rechnung Deutschland FeRD