Häufig wurde in den vergangenen Monaten über ZUGFeRD gesprochen und geschrieben – und zwar zu Recht. ZUGFeRD ist nicht weniger als ein digitaler Glücksfall, denn es ermöglicht den Austausch von elektronischen Rechnungen im strukturierten Datenformat zwischen beliebigen Unternehmen ohne vorherige Absprachen.
EDI-Verfahren funktionieren bilateral und erfordern aufwändige Absprachen im Vorfeld, einfache PDF-Rechnungen sind unstrukturiert, können also nicht automatisiert verarbeitet werden. ZUGFeRD ist ein Hybridformat, es besteht aus zwei inhaltlich identischen Repräsentanzen: einem PDF/A-3, dem Rechnungsbild, und einer eingebetteten XML-Datei, den strukturierten Rechnungsdaten. Rechnungsempfänger haben somit die freie Wahl, ob sie das PDF oder die XML-Datei weiterverarbeiten.
Die dringlichsten Fragen, wie ZUGFeRD aus dem Blickwinkel von Tax-Compliance und IT-Governance zu bewerten ist, hat Stefan Groß, Steuerberater und CISA (Certified Information Systems Auditor), in unserem Webinar beantwortet – die Zusammenfassung lesen Sie hier.
Kann mit ZUGFeRD den Vorgaben der Finanzverwaltung entsprochen werden?
Die zentrale Fragestellung im Zusammenhang nicht nur mit ZUGFeRD, sondern mit jeglicher Art von elektronischen Rechnungen ist, ob diese denn auch den steuerlichen Vorschriften entsprechen und zum Vorsteuerabzug berechtigen. Seit dem Steuervereinfachungsgesetz von 2011 sind elektronische und Papierrechnungen in Deutschland gleichgestellt. Bis dahin mussten eRechnungen mit elektronischer Signatur oder per EDI-Verfahren übertragen werden, um steuerkonform zu sein. Heute ist das nicht mehr nötig. Dies bedeutet, dass ZUGFeRD-Rechnungen zunächst die allgemeinen Anforderungen an Rechnungen erfüllen müssen. Zusätzlich gilt es noch spezielle Anforderungen an eRechnungen, die vor allem die Archivierung betreffen, und Besonderheiten bei Hybrid-Formaten zu berücksichtigen.
1. Allgemeine Anforderungen
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Authentizität oder Echtheit der Herkunft: Der Empfänger muss sicherstellen, dass die Rechnung auch wirklich vom Sender stammt.
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Integrität oder Unversehrtheit des Inhalts: Der Empfänger muss sicherstellen, dass die Rechnung auf dem Weg vom Sender zum Empfänger inhaltlich nicht verändert wurde.
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esbarkeit: Die Finanzverwaltung fordert die Möglichkeit einer Sichtprüfung von Rechnungen. Die Lesbarkeit einer Rechnung ist gewährleistet, wenn die umsatzsteuerlichen Pflichtangaben für das menschliche Auge lesbar dargestellt werden können. Während Papierrechnungen diese Anforderungen unmittelbar erfüllen, bestehen elektronische Rechnungen zunächst nur aus 0 und 1. Daher müssen geeignete Anzeigeprogramme, wie ein PDF-Viewer, eingesetzt werden. Da die Lesbarkeit über den gesamten Aufbewahrungszeitraum gewährleistet sein muss, müssen auch die Anzeigeprogramme über diesen Zeitraum vorgehalten werden.
Authentizität und Integrität sollen durch innerbetriebliche Kontrollverfahren mit verlässlichem Prüfpfad sichergestellt werden. Wie diese im Detail aussehen, ist den Unternehmen überlassen. Letztlich entspricht das innerbetriebliche Kontrollverfahren der Rechnungseingangsprüfung. Sämtliche Informationen, die der Rechnungsempfänger dabei zur Hilfe nimmt (Verträge, Bestelldokumente, Lieferscheine, usw.), können den verlässlichen Prüfpfad begründen.
2. Dokumentation
Die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) beschreibt die Anforderungen der Finanzverwaltung an eine IT-gestützte Buchführung. Darunter fällt auch der eRechnungsprozess und somit die Verwendung von ZUGFeRD. Die GoBD legen fest, dass der eRechnungsprozess dokumentiert werden muss, geben aber keine klare Mustergliederung zur Verfahrensdokumentation vor. Allerdings hat sich mit der Zeit ein Best Practice entwickelt.

Wie man es auch macht, wichtig ist für die Finanzverwaltung die Nachvollziehbarkeit im Falle einer Betriebsprüfung. In der Praxis kommt dies vor allem bei der Digitalisierung von Rechnungen vor.
3. Aufbewahrung
Grundsätzlich gilt, Rechnungen müssen im Original aufbewahrt werden. Aber: keine Regel ohne Ausnahmen.
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Eine eRechnung ist ein elektronisches Dokument, muss also auch elektronisch aufbewahrt werden. Die Archivierung eines Ausdrucks ist nicht zulässig.
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Papierrechnungen hingegen dürfen digitalisiert und auch das Original vernichtet werden, sofern das Verfahren der Digitalisierung dokumentiert wurde.
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eRechnungen, die bei Eingang in das Unternehmen in ein anderes Format konvertiert wurden, müssen im Original und im konvertierten Format aufbewahrt werden.
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Werden Rechnungen per E-Mail empfangen, so muss die E-Mail nur archiviert werden, wenn sie umsatzsteuerliche Pflichtangaben enthält. Andernfalls ist sie ein reines Transportmittel, vergleichbar mit dem Briefumschlag einer Papierrechnung.
Auch für den Ort der Archivierung gibt es Vorgaben. Bevorzugt ist dies Deutschland, doch auch im EU-Ausland kann in den meisten Ländern archiviert werden. Dafür benötigt man jedoch die Genehmigung der Finanzverwaltung und für Betriebsprüfer muss ein Online-Zugriff aus dem Unternehmen heraus jederzeit gewährleistet sein. Die Archivierung im übrigen Ausland ist nur bedingt möglich.
4. Besonderheiten im EU-Zahlungsverkehr
Die Mehrwertsteuersystemrichtlinie fasst die Vorgaben der EU über die Ausgestaltung der nationalen Umsatzsteuergesetze zusammen. Trotz gemeinsamer Richtlinie gibt es innerhalb der EU dennoch nationale Unterschiede bei den Vorgaben zu eRechnungen, z.B.:
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Manche europäische Länder bestehen bei Übermittlung der eRechnung nach wie vor auf die elektronische Signatur.
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Im Rahmen der Aufbewahrung darf nicht in allen europäischen Ländern die Papierrechnung nach der Digitalisierung vernichtet werden.
Für den EU- sowie den internationalen Zahlungsverkehr sollten die länderspezifischen Vorgaben folglich gesondert geprüft werden.
Besonderheiten Hybridformate: inhaltlich identische Mehrstücke
Wie eingangs beschrieben, besteht das ZUGFeRD-Format aus zwei Repräsentanzen, dem PDF und der XML-Datei. Diese beiden Dateien müssen inhaltlich absolut identisch sein. Gibt es auch nur geringfügige Abweichungen, gelten die beiden Repräsentanzen als zwei eigenständige Rechnungen und die Umsatzteuer wird somit doppelt geschuldet. Um sicher zu gehen, dass dies nicht passiert, ließe sich prinzipiell auch eine der Dateien als Duplikat kennzeichnen. Damit würde man jedoch auf den Vorteil des Hybridformats verzichten, dass der Empfänger entsprechend den eigenen Prozessen entweder das PDF oder die XML-Datei für die Rechnungsverarbeitung verwenden kann.
Tax-Compliance von eRechnungen ist also kein Hexenwerk, sondern entspricht in weiten Teilen den Verfahren in Bezug auf Papierrechnungen.
Das Wichtigste zum ZUGFeRD-Format in Kürze finden Sie auf unserem Datenblatt.
Ein Hinweis zum Abschluss: Dieser Blog-Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte zum Thema ZUGFeRD und Tax-Compliance wider. Besondere Umstände oder spezielle Fallkonstellationen wurden hier nicht berücksichtigt. Der Artikel kann und will keine rechtliche oder steuerliche Beratung durch einen qualifizierten Steuerberater ersetzen, sondern soll Ihnen einen verständlichen Überblick über die Thematik verschaffen.