So schaffen Sie GoBD-konforme elektronische Rechnungsprozesse

Was muss unter Compliance-Gesichtspunkten vor dem Hintergrund der GoBD bei E-Rechnungsprozessen berücksichtigt werden? Diese Frage spannte sich über das Webinar von Philipp Matheis, Steuerberater bei Peters, Schönberger & Partner zum GoBD-konformen Versand elektronischer Rechnungen. Dass die E-Rechnung auf dem Vormarsch ist, daran ist in Matheis´ Augen nicht zu rütteln.

Papier- und elektronische Rechnungen sind umsatzsteuerrechtlich schon seit einigen Jahren gleichgestellt, das hat die zunehmende Verwendung befördert. In Sachen Compliance muss man sich bei der Umstellung auf e-Invoicing die Vorgaben der Finanzverwaltung allerdings genau anschauen und seine Prozesse gegebenenfalls anpassen. Geregelt sind die Vorgaben prinzipiell in der Abgabenordnung, die es schon seit Kaiserzeiten gibt. Die GoBD sind sozusagen die Interpretation der Abgabenordnung durch die Finanzverwaltung im Hinblick auf elektronische Daten, die E-Rechnung ist ein Teil davon.

Philipp Matheis identifiziert 8 Grundsätze, die für einen GoBD-konformen Versand von E-Rechnungen relevant sind:

Grundsatz 1: E-Rechnungen sind elektronisch aufzubewahren

  • E-Rechnungen müssen im Ursprungsformat aufbewahrt werden. Als Ursprungsformat gilt dasjenige Format, welches an den Rechnungsempfänger übergeben wurde. Etwas Ergänzendes gilt bei der Konvertierung auf Empfängerseite, denn dann müssen das ursprünglich eingegangene Format UND die konvertierte Rechnung unter einem einheitlichen Index archiviert werden.

  • Um Rechnungen wiederfinden zu können, sollten sie mit einem Index versehen werden und über den gesamten Aufbewahrungszeitraum hinweg mit dem entsprechenden Geschäftsvorfall verknüpft bleiben.

  • E-Rechnungen sind zeitnah gegen Verlust zu sichern. Daher empfiehlt sich eine Archivierung direkt bei Rechnungseingang.

  • Erhält der Empfänger E-Rechnungen per E-Mail, ist die E-Mail grundsätzlich nur aufzubewahren, wenn sie umsatzsteuerrelevante Angaben enthält.

Grundsatz 2: E-Rechnungen sind unveränderbar aufzubewahren

  • Wodurch die Unveränderbarkeit von E-Rechnungen gewährleistet wird, ist von den GoBD nicht festgelegt. Dies kann mit Hilfe von Software, Hardware oder organisatorischen Vorkehrungen erfolgen. Eine reine Ablage in einem Dateisystem ist allerdings nicht ausreichend. Geeignet erscheint die Ablage und Verwaltung in einem Dokumentenmanagementsystem.

  • Zu beachten ist besonders, dass ein Systemwechsel während des Aufbewahrungszeitraums die Unveränderbarkeit nicht beeinträchtigen darf.

  • Müssen E-Rechnungen verändert werden, muss die Veränderung kenntlich gemacht werden. Um weiterhin eine GoBD-konforme Rechnung zu haben, muss zudem der ursprüngliche Inhalt feststellbar bleiben.

Grundsatz 3: E-Rechnungen müssen lesbar sein

  • Gemeint ist damit, dass eine GoBD-konforme E-Rechnung nicht nur für Maschinen, sondern auch für den Menschen lesbar sein muss. Gedacht wurde bei diesem Grundsatz vor allem an Betriebsprüfer.

  • Der Rechnungsempfänger muss auf jeden Fall geeignet Viewer für Rechnungen im strukturierten Datenformat vorhalten, natürlich über den gesamten Aufbewahrungszeitraum, um auf diese Weise eine Art Sichtprüfung zu ermöglichen.

Grundsatz 4: E-Rechnungen sind zeitgerecht zu erfassen

  • Bargeschäfte sollten Unternehmen noch am selben Tag erfassen, für unbare Geschäftsvorfälle sind 10 Tage bis zur Erfassung grundsätzlich unbedenklich.

  • Mit Erfassung ist die Belegsicherung gemeint, die Buchung kann zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

Grundsatz 5: E-Rechnungen durch Digitalisierung

  • Auch aus Papierrechnungen können GoBD-konforme Rechnungen (Digitalisate) durch Scannen erzeugt werden. Dafür muss darauf geachtet werden, dass das Originaldokument und der Scan zu 100% bildlich übereinstimmen und eine Verfahrensdokumentation den Vorgang der Digitalisierung nachvollziehbar macht.

  • Ist eine Papierrechnung einmal digitalisiert, darf nur noch das elektronische Dokument weiterverarbeitet werden. Wird dennoch mit der Papierrechnung weitergearbeitet, muss diese danach erneut gescannt werden.

  • Wird an das Scannen noch eine OCR-Verarbeitung angeschlossen, müssen auch die OCR-Daten archiviert werden.

  • Für den Datenzugriff ist eine Verknüpfung zwischen Geschäftsvorfall, Dokument und ggf. OCR-Daten notwendig.

  • Werden alle Vorgaben eingehalten, kann die Papierrechnung in Deutschland grundsätzlich vernichtet werden.

Grundsatz 6: Keine Rechnung ohne Rechnungseingangsprüfung

  • Die GoBD fordern ein innerbetriebliches Kontrollverfahren zur Feststellung von Integrität und Authentizität einer E-Rechnung, also der Unversehrtheit des Inhalts und der Echtheit der Herkunft.

  • Wird in einem Unternehmen bereits eine Rechnungseingangsprüfung vollzogen, ist kein zusätzliches Verfahren nötig.

  • Eine digitale Signatur versichert zwar die Unversehrtheit des Inhalts (andernfalls wäre die Signatur gebrochen), kann aber nicht das innerbetriebliche Kontrollverfahren im Sinne der GoBD insgesamt ersetzen.

Grundsatz 7: E-Rechnungen unterliegen dem Datenzugriff

  • Die Finanzverwaltung muss im Prüfungsfall Zugriff auf maschinell auswertbare, sprich originär elektronische Daten bekommen. Ein Ausdruck einer E-Rechnung zur Prüfung ist für sich genommen nicht ausreichend.

  • Für den Datenzugriff gibt es prinzipiell drei Möglichkeiten: den unmittelbaren Zugriff (der Prüfer setzt sich an einen Computer des Unternehmens), den mittelbaren Zugriff (der Prüfer setzt sich mit einem Mitarbeiter des Unternehmens an einen Computer und fordert Auswertungen bestimmter Daten an) und die Datenträgerüberlassung (der Prüfer fordert elektronische Daten zur Prüfung an seinem eigenen Computer mit seinem eigenen System an).

  • Egal, welchen Weg der Prüfer wählt, Unternehmen müssen ihm Zugriff auf alle steuerrelevanten Daten ermöglichen. Das umfasst sowohl Daten der Finanz-, Anlagen- und Lohnbuchhaltung als auch Stammdaten, Verknüpfungen, Strukturinformationen und Verfahrensdokumentationen. Für den unmittelbaren Datenzugriff müssen entsprechende Zugangsberechtigungen installiert werden.

Grundsatz 8: Der E-Rechnungsprozess ist zu dokumentieren

  • Aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht ist eine Dokumentation des E-Rechnungsprozesses nicht absolut zwingend. Um GoBD-konform zu sein, sollte jedoch eine Verfahrensdokumentation der Rechnungsverarbeitung vorhanden sein.

  • Eine Verfahrensdokumentation besteht sinnvollerweise aus einer allgemeinen sachlogischen Beschreibung des Prozesses, einer Anwenderdokumentation, einer technischen Systemdokumentation und einer Betriebsdokumentation.


Weitere Ausführungen zum Thema Verfahrensdokumentation finden Sie im Beitrag "Die E-Rechnung – Eine 360°-Analyse aus Compliance-Sicht" von Stefan Groß und ein Beispiel für eine Mustergliederung im Beitrag "ZUGFeRD aus dem Blickwinkel von Tax-Compliance und IT-Governance". 

Für Philipp Matheis benötigt der GoBD-konforme Versand von E-Rechnungen zusammengefasst vier Säulen:

  • ein Kontroll- und Protokollumfeld

  • die Integrität der Daten

  • Migrationssicherheit

  • Dokumentation


Prinzipiell ist jede Prozessarchitektur, die diese vier Säulen berücksichtigt, für den E-Rechnungsprozess geeignet. Ziel eines jeden Unternehmens sollte jedoch eine medienbruchfreie Prozessarchitektur sein, um möglichst effizient und sicher zu arbeiten.

Im Anschluss an seinen Vortrag beantwortete Philipp Matheis noch zahlreiche Fragen der Teilnehmer, deren Antworten wir Ihnen hier zur Verfügung stellen.

Ein Hinweis zum Abschluss:
Der Beitrag gibt die persönliche Meinung der Autoren zur derzeitigen Rechtslage wieder und enthält lediglich einen Überblick über einzelne Themenkomplexe. Spezielle Umstände einzelner Fallkonstellationen wurden nicht berücksichtigt; diese können durchaus zu abweichenden Betrachtungsweisen und/oder Ergebnissen führen. Der Beitrag kann daher keine rechtliche oder steuerliche Beratung ersetzen; bitte holen Sie eine auf Ihre Umstände zugeschnittene, weitere Entwicklungen berücksichtigende Empfehlung Ihres Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers ein, bevor Sie Entscheidungen über die in diesem Beitrag betrachteten Themen treffen. Die Finanzverwaltung und/oder Gerichte können abweichende Auffassungen zu den hier behandelten Themen haben oder entwickeln.

 

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