Benchmarks einer nachhaltigen Accounts Payable Transformation

Katrin Hamann, Director Finance Transformation der PwC GmbH

Dr. Jörg Schramm, Vice President Product and Business Management Continental Europe & UK, Basware

Digitalisierung ist in aller Munde, doch gerade in Deutschland sind wir bei der Automatisierung des Finanzbereichs bisher nur wenig vorangekommen. Dabei ist das Thema in Zeiten von Corona und Homeoffice so drängend wie nie. Warum gerade die Kreditorenbuchhaltung der beste Ort zum Starten ist und wie man die richtigen Benchmarks findet, um den Erfolg der Digitalisierungsmaßnahmen zu messen, erläutern praxisnah Katrin Hamann von PwC Deutschland und Dr. Jörg Schramm von Basware.

Die Finanzfunktion durchläuft einen grundlegenden Wandel. Denn der Druck, Mehrwert für das Unternehmen zu liefern, wächst. Gefragt sind Analysen als Entscheidungsrundlage und weniger das reine Transaktionsmanagement. Um das zu erreichen, müssen die transaktionalen Prozesse optimiert werden. Daten sollen automatisch durchs Unternehmen gelenkt werden. Finanzverantwortliche werden zu Steuernden am Dashboard.

Die Finanzfunktion ganzheitlich zu transformieren kann sehr umfangreich sein, daher empfiehlt sich zunächst die Konzentration auf einen Teilbereich. In der Kreditorenbuchhaltung findet man einen der größten transaktionalen Prozesse, der in vielen Fällen vorwiegend manuell erfolgt. Ein hohes Transaktionsvolumen gepaart mit großem Automatisierungspotential bietet beste Voraussetzungen für den Start der Transformationsreise.

Erfahrungsgemäß scheitern die meisten Ansätze zur digitalen Transformation an unklaren Zielen und fehlenden Ressourcen. Daher ist es zu Beginn wichtig, sich klarzumachen, wo man steht, wo man hin möchte und welche Prioritäten man setzt. Dabei können folgende 3 Leitgedanken helfen:

  1. Fokussierung auf den Mehrwert für Nutzer

Es geht zwar um die Optimierung der Accounts Payable (AP)-Funktion, aber die wird nur erfolgreich verlaufen, wenn man den gesamten Prozess in den Blick nimmt, also inklusive Einkauf und der Mitarbeiter aus den Fachabteilungen, die Eingangsrechnungen bearbeiten. Ein starker Fokus sollte folglich darauf liegen, zu verstehen, wer bei dieser Transformation die Stakeholder sind. Diese können dann involviert und für die einzelnen Bereiche entsprechende Zielsetzungen formuliert werden.

  1. Mitarbeiter zu Performance Managern entwickeln

Wie können Mitarbeiter im Laufe der Transformation befähigt werden, den Prozess eher zu steuern anstatt ihn durchzuführen, ihn immer weiter zu optimieren und immer weniger Zeit auf die Ausnahmebehandlung verwenden zu müssen.

  1. Einen Gesamtverantwortlichen für den Prozess bestimmen

Am besten wäre natürlich, einen einzigen Verantwortlichen für den gesamten P2P-Prozess zu haben. In der Praxis gestaltet sich das jedoch oft schwierig. Hat man zwei Verantwortliche (aus Einkauf und Finanzen), müssen deren Ziele im Transformationsprojekt gut aufeinander abgestimmt sein und in dieselbe Richtung weisen.

Ziele für eine Transformation der Kreditorenbuchhaltung

Eine mess- und steuerbare Rechnungsbearbeitung ist die Grundlage für die „Transactional Excellence“ in der Kreditorenbuchhaltung.

Als Ziele sollten daher KPIs festgelegt werden, die sich an Benchmarks orientieren, getreu dem Motto: „Wenn andere das schaffen, dann kann ich das auch.“  Relevante KPIs und mögliche Zielwerte sind unter anderem:

  • Anteil elektronischer Eingangsrechnungen (> 90%)

  • Anteil vollautomatisiert verarbeiteter Rechnungen (~ 80%)

  • Anteil Rechnungen mit Bestellbezug (> 90%)

  • Anzahl Rechnungen pro FTE (~ 60.000)

  • Verarbeitungszeit (~ 2 Tage)

  • Skontorealisierungsrate (99,9%)

Am Anfang konzentriert man sich am besten auf wenige übergeordnete KPIs, später im laufenden Betrieb kann man weitere hinzunehmen und so nachjustieren und dann vor allem qualitative KPI ergänzen.

Mit einer klaren Zielsetzung auf Basis von KPIs erlangt man das Buy-in vom Management, das dann auch die richtigen Mitarbeiter für das Projekt zur Verfügung stellt.

Harte Ziele für die Kreditorenbuchhaltung sind ein erster Schritt. Darüber hinaus gibt es natürlich zahlreiche andere, die im weiteren Verlauf der Transformation eine Rolle spielen.

Wie kann man die Transformationsreise gestalten

Um die Transformation auf den Weg zu bringen, gibt es verschiedene Ansätze. Eine Möglichkeit ist ein zweigeteilter Ansatz, der zunächst auf eine schnelle Umsetzung erster Effizienzmaßnahmen zielt und im Weiteren nachhaltig für stabile und sehr gute Prozesse sorgt.

Im ersten Teil wird in Workshops erarbeitet, welches die größten Schwachstellen im Prozess sind und wie man diese kurz-, mittel – und langfristig beseitigen kann. Das können organisatorische oder technologische Themen sein oder auch Unwissenheit von zuliefernden Bereichen.

Diese „Pain Points“ werden auf einer Roadmap priorisiert und dann angepackt.

Im zweiten Teil wird strukturiert an die Transformation herangegangen. Dazu gehört die Definition der Ziele mit den dahinter liegenden Fragen: Welche sind die relevanten KPIs? Wie wollen wir die Abteilung zukünftig steuern? Was ist uns wichtig? Daraus kann dann ein Sollprozess abgeleitet werden, mit dem man die Kennzahlen erreicht. In einem weiteren Schritt wird der Soll-Prozess abgeglichen mit dem Ist-Prozess – manuell/workshopbasiert oder automatisch mit Process Mining.

Daraus ergibt sich eine ganzheitliche Sicht aller Herausforderungen, die es gilt anzugehen.

Zum Schluss werden die beiden Teile des Ansatzes zusammengeführt, d.h. die subjektiven „Pain Points“ aus den Workshops werden abgeglichen mit den objektiven „Pain Points“ aus der strukturierten Analyse, um dann einen ganzheitlichen Implementierungsplan zu erstellen.

Je nach digitalem Reifegrad müssen Unternehmen erstmal die technologische Basis schaffen oder einzelne Justierungen vornehmen, zum Beispiel Einstellungen verändern, Lieferanten mit an Bord holen etc. Abhängig davon ist dann auch die Dauer des Projektes.

Transparenz als Schlüssel zum Erfolg

Sehr häufig steht am Ende des Analyse-Prozesses die Erkenntnis, dass das Unternehmen noch nicht über die Technologie verfügt, die es braucht, um seine Ziele zu erreichen.

Bei einer unter fast 800 Führungskräften weltweit durchgeführten Umfrage der Harvard Business Review Analytic Services (HBRAS) gaben 90% an, dass sie auf Datentransparenz setzen, um Optimierungspotentiale zu definieren. Die Automatisierung der Kreditorenbuchhaltung leistet da einen wertvollen Beitrag. Mit einer digitalen Lösung werden alle Eingangsrechnungen – egal aus welchem Land oder für welche Ware (direktes und indirektes Material) oder Dienstleistung – in einer Lösung zentral zusammengeführt. Dies bietet dann direkt die Möglichkeit, eine Transparenz über alle Ausgaben und Prozesse zur Verfügung zu stellen.

Gute Erfahrungen hat Basware und seine Kunden bei der Implementierung einer Automatisierungslösung mit dem iterativen Ansatz gemacht. Zunächst wird mit Best Practices der Software schnell gestartet. Dadurch bekommt das Unternehmen direkt eine Transparenz über die Ausgaben und Prozesse in den Analyselösungen. Damit lassen sich dann gezielt weitere Optimierungspotentiale identifizieren und individuell nach den Zielen des Unternehmens die Optimierung priorisieren.

Die Lösung von Basware bietet auch eine schnelle Erfolgskontrolle. Über ein Dashboard kann man auf einen Blick erfassen, welche KPIs zu welchem Prozentsatz erfüllt sind, wie sich die Kennzahlen über die Zeit verändern und welchen Effekt die entsprechenden Maßnahmen hatten. Außerdem ist ersichtlich, wie viele Ausnahmebehandlungen nötig sind und welche Gründe es dafür gibt. Das gibt Hinweise auf Probleme im Prozess, die dann gezielt verbessert werden können.

Für Automatisierung ist eine gute Datenqualität essenziell. Daher sollte man sich nicht nur auf die Optimierung der Prozesse konzentrieren, sondern auch die Datenqualität verbessern. Dies gelingt, indem man Papierrechnungen durch PDF oder strukturierte elektronische Rechnungen ersetzt. Je wichtiger eine Kunden-Lieferanten-beziehung ist, desto mehr Sinn mach die Integration der Lieferantensysteme.Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Integration der verschiedenen unternehmenseigenen Systeme und der entsprechende elektronische Datenaustausch. Auch dies kann im Rahmen des iterativen Ansatzes nach und nach erfolgen.

Praxisbeispiel Innio

Innio ist ein Hersteller von Gasmotoren zur Erzeugung von Strom, Wärme und Kälte. Der Hauptsitz ist in Österreich, das Unternehmen ist weltweit tätig und erwirtschaftet einen Umsatz von über einer Milliarde Euro.

Bei der Suche nach einem Anbieter für Rechnungsautomatisierung hatte das Unternehmen klare Ziele:

  • Kostenreduktion im Rechnungsprozess

  • Erhöhung der Produktivität in allen Abteilungen

  • Zahlung innerhalb der Zahlungsziele zur Verbesserung der Lieferantenbeziehungen

  • eine weltweit einsetzbare Lösung mit einem einheitlichen Prozess

Dabei stand Innio vor einigen Herausforderungen: Um die Rechnungsverarbeitungszeiten zu reduzieren, musste zunächst von Papier- auf elektronische Eingangsrechnungen umgestellt werden. Dazu kamen verschiedene ERP-Systeme in den unterschiedlichen Bereichen und Regionen des Unternehmens, die integriert werden mussten, sowie mehr als 3000 Lieferanten, die in die Optimierung der Prozesse miteinbezogen werden sollten.

Mittlerweile ist die Lösung von Basware seit gut einem Jahr produktiv und Rechnungen werden zu 86% elektronisch empfangen – entweder als maschinenlesbares PDF oder als XML. Dadurch wurde die Datenqualität optimiert und die Erkennung auf 100% gesteigert. 69% der Rechnungen werden heute vollständig automatisiert verarbeitet („Dunkelbuchung“), innerhalb der nächsten 6 Monate soll dieser Wert auf 75% erhöht werden. Dadurch haben sich die Verarbeitungszeiten deutlich verringert, bei Dunkelbuchungen liegt sie bei nur 1 Stunde.

Die Lösung von Basware ersetzt als vorgelagertes System 5 Prozesse in verschiedenen ERP-Systemen. Und Lieferanten profitieren von mehr Transparenz. Sie können jederzeit über das Lieferantenportal den Bearbeitungsstatus ihrer Rechnungen einsehen und wann die Zahlung erfolgt. Dies reduziert den Arbeitsaufwand für Nachfragen von Lieferanten.

Wenn auch Sie die AP-Transformation in Ihrem Unternehmen anpacken wollen, zögern Sie nicht, uns anzusprechen.

Die Aufzeichnung des Webinars mit Katrin Hamann und Jörg Schramm finden Sie hier.

Zu den Autoren:

Katrin Hamann ist Director im Bereich Finance Transformation der PwC GmbH und verfügt über 15 Jahre Erfahrung in der Transformation von Accounting Prozessen. Ihr Fokus liegt in der Ausgestaltung von optimalen transaktionalen Tätigkeiten insbesondere durch die Einführung von relevanten Enabling Technologies, wie Accounts Payable Automation Software. 

Dr. Jörg Schramm (VP Product and Business Management) ist bei Basware für den Produktbereich in Kontinental-Europa und Großbritannien verantwortlich. Mit seinen Erfahrungen im Einsatz von strategischen und operativen Lösungen liegt sein Fokus auf der kontinuierlichen Entwicklung der automatisierten Geschäftsprozesse beim Kunden.

Profil des Gastautors