Wie Sie mit einem Purchase-to-Pay-System Betrug verhindern

Freitag, 12. August 2016

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Wie Sie mit einem Purchase-to-Pay-System Betrug verhindern

Mehr als sieben Milliarden Euro Schaden haben deutsche Unternehmen in den Jahren 2013 und 2014 durch Unterschlagungen und Diebstahldelikte durch die eigenen Mitarbeiter erlitten. Diese Schätzung stammt von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG.

 

Laut der Südwestpresse waren allein im vergangenen Jahr sieben von zehn Firmen betroffen. Wir haben es dabei nicht nur mit Bagatelldelikten zu tun. Auch Compliance-Vergehen wie Korruption, Geldwäsche und Steuerhinterziehung bergen erhebliche finanzielle Risiken für Unternehmen: Neben Bußgeldzahlungen und möglichen Kursverlusten steht zudem der gute Ruf eines Unternehmens auf dem Spiel. Wie lassen sich solche Risiken vermeiden?
 

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Erst kürzlich erregte der Fall einer Mitarbeiterin des städtischen Stromversorgers im rheinländischen Moers Aufsehen: Sie hatte fiktive Kundenkonten angelegt und kassierte so beinahe 300.000 Euro. Ganz ähnlich agierte die Angestellte einer gesetzlichen Krankenkasse: Sie zweigte mit unrechtmäßigen Überweisungen zwischen 2004 und 2012 stolze 459.000 Euro in die eigenen Taschen.

Laut Betrugsexperte Stefan Heißner von Ernst & Young, der im Artikel der Südwestpresse zitiert wird, liegen die Ursachen für solches Verhalten in schlechter Bezahlung und der Unternehmenskultur: Wenn Vorgesetzte es mit Compliance-Vorschriften nicht so ernst nehmen, tun es ihnen die Mitarbeiter gleich. Heißners Vorschlag: Genaue Protokollierung und Kontrollmechanismen bieten den besten Schutz.

Das heißt allerdings nicht, dass nun hinter jedem Mitarbeiter ein zweiter stehen sollte, der ihn auf Schritt und Tritt überwacht. Solche Maßnahmen wären Gift für jedes Betriebsklima und finanziell untragbar. 

Abhilfe bei Unterschlagung und Untreue können dagegen automatisierte Prozesse  schaffen, die den gesamten Prozess vom Einkauf bis zur Bezahlung durchgehend elektronisch abbilden.
 

Wie Automatisierung die Compliance stärkt

In einem Bearbeitungsprozess nach klassischer Art geht eine Rechnung buchstäblich durch viele Hände. Sie wird beim Lieferanten manuell ausgestellt, per Post verschickt, beim Empfänger angenommen, bearbeitet, bezahlt und schließlich archiviert. Reichlich Gelegenheit also, Mittel unbemerkt verschwinden zu lassen. Gängige Formen des Betrugs setzen genau an den Stellen im Prozess an, wo kein automatisierter Abgleich erfolgt:

  • Rechnungen für Güter, die nie bestellt wurden

  • Rechnungen zu höheren Preisen als vereinbart

  • Rechnungen für Dienstleistungen oder Waren, die eigentlich der Versender zahlen müsste (Frachtgebühren, Maßanfertigung o. ä.)

  • Rechnungen, die zugleich per E-Mail und Post versandt werden – für die gleiche Ware oder Dienstleistung, aber mit unterschiedlichen Rechnungsnummern

  • Rechnungen im Anschluss an eine frühere Rechnung, weil diese noch nicht bezahlt wurde


Sicher können diese Fälle oftmals auf unbeabsichtigte Fehler  zurückgeführt werden. Nicht selten entsteht aus solchen Fehlern sogar erst die Idee dafür, wie Geld unterschlagen werden kann. 

Geschieht der gleiche Ablauf dagegen automatisiert und elektronisch, besteht gar nicht erst die Chance, an die Rechnung Hand anzulegen. Bei der elektronischen Rechnungsverarbeitung werden Rechnungen mit den vorliegenden Bestellungen und Verträgen automatisiert abgeglichen. Sind die vereinbarten Konditionen in einer Rechnung berücksichtigt, ist kein manuelles Eingreifen erforderlich und der elektronische Prüfungs- und Genehmigungsprozess wird gestartet. Sämtliche Abweichungen werden dokumentiert und erfordern eine gesonderte Prüfung. Gleichzeitig lassen sich Systeme so konfigurieren, dass auch interne Compliance-Vorschriften befolgt werden, zum Beispiel ein Mehr-Augen-Prinzip, wenn der Rechnungsbetrag bestimmte Schwellenwerte überschreitet.

Da alle Vorgänge elektronisch erfasst werden, besteht außerdem jederzeit vollste Transparenz. Sollten doch einmal Unregelmäßigkeiten vorkommen, können Prüfer innerhalb kürzester Zeit feststellen, an welcher Stelle der Fehler liegt.

Dass die e-Rechnung in Lateinamerika schon längst ihren Siegeszug feiert, hat nicht zuletzt mit diesen Sachverhalten zu tun. Länder wie Brasilien oder Mexiko erreichen eine Marktdurchdringung von bis zu 90 Prozent Anteil am Gesamtrechnungsvolumen, wie sich dem Billentis-Report 2015 entnehmen lässt. Steuerhinterziehung und Korruption gestalten sich mit der landesweiten Einführung der E-Rechnung nun wesentlich schwieriger. Kein Wunder: Die dortigen Regierungen wissen sehr genau, dass es der Faktor Mensch ist, der Betrügereien erst möglich macht.